So der Titel der Abschiedsrede unseres langjähriger Fraktionsvorsitzende Werner Engelhardt vom Rat. Darin verbindet er den Dank für eine meist faire Behandlung mit der Warnung vor der Flutung der Bergwerke.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Zuhörer*innen auf der Tribüne,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
es ist ja nicht ganz gewöhnlich, dass jemand vor Ende der Legislaturperiode einfach so sein Mandat niederlegt. Ich selbst habe mich dazu entschieden. Dabei werde ich nicht aus dem Amt gejagt, sondern möchte aus gesundheitlichen und Altersgründen jüngeren Kräften Platz und ihnen bei der Einarbeitung noch zur Seite stehen.
Bedanken möchte ich mich bei all den Menschen, des Rates, der Verwaltung, der Presse und der Öffentlichkeit, die mich persönlich und uns als Fraktion über all die Jahre teils freundlich, teils wohlwollend oder wenigstens fair behandelt haben.
Hervorheben möchte ich möchte ich in diesem Zusammenhang die Herren Heuer und Hartl von der Verwaltung, die uns von Anfang an ohne jeden Vorbehalt in zahllosen Sachfragen kompetent und zuvorkommend bestens unterstützt haben – herzlichen Dank dafür!
Der heutige Abschied bereitet mir natürlich nicht nur Freude, denn die Ratsarbeit selbst war hat mir trotz aller Schwierigkeiten auch richtig Spaß gemacht.
Es war sehr schön, tiefer in die Kommunalpolitik einzudringen, dabei auch verschiedenste Niederungen und Fallstricke der Kommunalpolitik kennen zu lernen.
So stieß ich zum Beispiel auf den so genannnten „Schüttverdichtungsfaktor“ beim Müll, den kaum einer kennt, der willkürlich festgelegt wird und uns höhere Müllgebühren beschert.
Oder die gesicherte Erkenntnis, dass wir Bergkamener so viel Abwassergebühr bezahlen, weil die RAG bei Weitem nicht ausreichend für die von ihr verursachten Schäden am Kanalsystem aufkommt. Inzwischen wurde immerhin erreicht, dass über das Alter der zu sanierenden Kanäle und über die Kostenbeteiligung der RAG informiert wird. Ein kleiner Fortschritt, aus dem noch ein großer werden kann.
Schön war es auch für BergAUF, wohin ich alle Aufwandsentschädigungen seit 2004 – wie das bei uns üblich ist – zu 100% spendete, insgesamt weit über 150.000 €.
Das Geld diente für die selbstlose Unterstützung verschiedenster lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Projekte, was ich für unendlich viel sinnvoller halte, als mehr persönlichen Luxus für mich. Hervorheben möchte ich hier unsere Spenden für den Aufbau eines Gesundheitszentrums in der damals zerstörten kurdischen Stadt Kobane/Nordsyrien. Seit seiner Eröffnung 2016 kommen dort monatlich rund 460 Babys zur Welt. Ein echter Lichtblick!
Rückblickend lässt sich sagen: auch wenn wir klein und scheinbar unbedeutend sind, lagen wir doch mit unseren Einschätzungen meist richtig:
• wir protestierten schon immer gegen das Armutsgesetz HartzIV – nun wird es selbst von Teilen der SPD in Frage gestellt.
• Wir forderten seit 2004 einen Schuldenschnitt für die Kommunen, heute fordern das Viele mit uns.
• wir heißen Flüchtlinge auch in Bergkamen schon immer willkommen und sehen uns bestätigt: Unteilbar ist heute der Widerstand gegen nationalistische Ausländerhetze.
• wir warnten bereits vor der herannahenden Klimakatastrophe, als man dafür noch belächelt wurde – heute lächelt darüber kaum noch jemand.
• wir sagten dem Fracking den Kampf an, als noch die wenigsten wussten, was das überhaupt ist,
• wir klärten früh über die Gefahr auf, die der in die Bergwerke verbrachte hochgiftige Sondermüll – allein auf Haus Aden 75.000 t – und das mit dem Grubenwasser in die Lippe eingeleitete hochgiftige PCB für unser Grund- und Trinkwasser darstellt. Von einer Zeitung wurden mir persönlich deshalb öffentlich „Verschwörungstheorien“ vorgeworfen – letzte Woche brachte die selbe Zeitung zum selben Thema eine ganze Doppelseite.
• Heute, bei meinem Abschied, möchte ich Sie und die Öffentlichkeit eindringlich davor warnen, die Flutung der Bergwerke mit all ihren giftigen Hinterlassenschaften widerstandslos hinzunehmen! Wir alle werden das sonst büßen müssen.
Zum Schluss noch einige Worte zu unserer Überparteilichkeit, die uns zumeist den antikommunistischen Vorwurf einbringt, ein „U-Boot der MLPD“ zu sein. Es ist kein Geheimnis, dass bei uns MLPD-Mitglieder ebenso aktiv mitarbeiten wie einstige CDU-Mitglieder oder Parteilose. Und das ist gut so, das ist gelebte Überparteilichkeit. Sie ermöglicht, alle Kräfte auf gleicher Augenhöhe und soweit zusammenzuführen, wie sie für das gleiche Ziel eintreten: in diesem Fall für eine demokratische, fortschrittliche Kommunalpolitik im Interesse der breiten Mehrheit und nicht im Interesse der Konzerne und Banken!
Bei der Legende vom „U-Boot“ triumphiert der Antikommunismus in den Köpfen über die Tatsachen, Fake News, könnte man sagen. Das hilft uns nicht weiter, im Gegenteil!
Gestern wurden verschärfte Polizeigesetze verabschiedet – ein Ausdruck der weiteren Rechtsentwicklung! Deshalb sollten wir uns frühzeitig viel stärker über parteipolitische Grenzen hinweg zusammenschließen, um die demokratischen Rechte und Freiheiten in unserem Land entschlossen zu verteidigen!
Ihnen allen wünsche ich alles Gute für eine demokratische Streitkultur hier im Rat und dafür, dass Sie gemeinsam die Stadt Bergkamen in Übereinstimmung mit den Interessen der hier lebenden Menschen weiter nach vorne bringen.
Schließen möchte ich mit einer Strophe aus Bertolt Brechts „Lied von der Moldau“:
Am Grunde der Moldau wandern die Steine
Es liegen drei Kaiser begraben in Prag.
Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.
Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Schöne Feiertage! Kommen Sie gut ins Neue Jahr!
13.12.2018