„Goldene Träume lassen hungrig aufwachen!“

Rede des Fraktionsvorsitzenden von BergAUF, Werner Engelhardt, zum Doppelhaushalt 2014/2015 am 12.12.2013

Sehr geehrte Gäste auf der Tribüne, Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

„Goldene Träume lassen hungrig aufwachen!“ Dieses alte britische Sprichwort drängte sich unserer Fraktion immer wieder auf im Laufe der Beratungen über den heute zur Verabschiedung stehenden Haushaltsentwurf für die Jahre 2014/15 samt Haushaltssicherungskonzept und Stellenplan.

Seit Jahren verkündet die SPD-geführte Verwaltung und die Mehrheitsfraktion ihren „goldenen Traum“, durch das Haushaltssicherungskonzept „das Schlimmste“ zu verhindern, bis es dann irgendwann zum ausgeglichenen Haushalt käme und wieder aufwärts ginge.
Ja, aber wer muss bei dem Traum dann „hungrig aufwachen“?

Tatsache Ist: Ende 2012 war Bergkamen mit knapp 163 Mio. € verschuldet, die städtischen Eigenbetriebe wiesen mit 1.329 €/Einwohner die höchste Pro-Kopf-Verschuldung im ganzen Kreis Unna auf.
Und was heißt das für die Bevölkerung?

  • Die Abgabenbelastung für die Bevölkerung stieg und steigt kontinuierlich. Allein die Zinszahlungen des SEB kosten im Schnitt jeden Bergkamener 100 € mehr an Abwassergebühren.
  • Schulen und Spielplätze wurden geschlossen, teils gegen den Protest der Betroffenen.
  • Das Stadtmuseum kostet Eintritt, die Nutzung der Stadtbücherei wurde teurer.

Und was wurde durch die Haushaltssicherungskonzepte der letzten Jahre verhindert?  Sollen wir nun darüber jubilieren

  • dass noch nicht extra für die Benutzung der Turnhallen bezahlt werden muss?
  • dass die Lernmittelfreiheit noch nicht gänzlich dem Rotstift zum Opfer fiel?
  • dass durch Flicken der schlimmsten Schlaglöcher unsere städtischen Straßen noch befahrbar sind?

Das sollte eigentlich alles selbstverständlich sein, wofür bezahlt man schließlich Steuern? Und wer dies anders sieht, steht im Widerspruch zur Gemeindeordnung unseres Landes, wo es gleich im § 1 heißt:
„Die Gemeinden … fördern das Wohl der Einwohner in freier Selbstverwaltung durch ihre von der Bürgerschaft gewählten Organe. Sie handeln zugleich in Verantwortung für die zukünftigen Generationen.“

Das Wohlergehen der Menschen stetig zu verbessern und im Sinne zukünftiger Generationen zu handeln, das ist für uns der korrekte Maßstab für politisches Handeln in einer immer reicher werden Gesellschaft wie Deutschland.
Immerhin betrug das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland über 33.000 € je Einwohner, lag damit erheblich über dem EU-Mittelwert, deutlich höher als bei Ländern wie Dänemark, Frankreich oder Finnland. Geld muss also genügend da sein.

Deshalb geben wir uns auch mit dem Traum vom ausgeglichenen Haushalt und Verbesserungen in ferner Zukunft nicht zufrieden, denn dabei wird nur der Mangel mehr schlecht als recht verwaltet. Und wer am Ende hungrig aufwacht, um im Bild zu bleiben, sind die allermeisten Bürgerinnen und Bürger und vor allem die Jugendlichen und Kinder – die uns nachfolgenden Generationen.
Schon heute liegt das Pro-Kopf-Einkommen in Bergkamen mit nur rund 15.800 €/Jahr auf dem sechst-letzten Platz in NRW, bei weniger als 60% des Durchschnittseinkommens in Deutschland, d.h. statistisch gesehen gelten die  Bergkamener im Schnitt als arm.

Natürlich ist uns klar, dass die Hauptverantwortlichen für die Misere der Kommunen weder in der Stadtverwaltung, noch in den Reihen der SPD-Mehrheitsfraktion zu suchen sind. Aber wir sind der Ansicht, dass sich Jeder mitverantwortlich macht, der diese Negativ-Entwicklung einfach widerspruchslos hinnimmt und die Bevölkerung Jahr für Jahr ein bisschen mehr dafür zur Kasse bittet.

Dabei werden wir uns über die Ursachen für die Misere der Kommunalfinanzen wohl weitgehend einig sein:
Bereits im April 2005 zitierten wir Aussagen des Deutsche Städte- und Gemeindebundes, zu dessen Führungsmannschaft Sie, Herr Bürgermeister, schon damals gehörten.
Demnach liegen die Ursachen in „wegbrechenden Steuereinnahmen und steigenden Ausgaben für soziale Leistungen, (die)  Jahr für Jahr zu größeren Finanzierungsdefiziten in den kommunalen Haushalten geführt“ haben.

Die Prognose eines Finanzierungsdefizits von über 10 Mrd. € erfüllte sich ebenso wie die Aussage unserer Fraktion, mit der wir das Ziel des ausgeglichenen Haushalts in 2012 als Fata Morgana bezeichneten.
Wir haben schon damals gefordert, was heute so langsam in den Spitzengremien ankommt: Einen Schuldenschnitt für die Kommunen und eine Änderung der Gemeindefinanzierung!

Was haben Sie, meine Damen und Herren, dafür getan, dass sich an der Situation etwas ändert, dass die Schuldenberge nicht in den Himmel wachsen?
Allein die kommunalen Schulden betrugen vor etwa 10 Jahren noch 83,7 Mrd. Euro, heute sind sie auf über 130 Mrd. € gestiegen.

Bergkamen ist davon besonders betroffen. Zum einen wegen der Strukturbrüche als Folge des Rückzugs des Bergbaus, zum anderen aufgrund der geltenden Steuergesetze. Daran wird auch der Wunschtraum von Bergkamen als Touristik-Magnet nichts wesentlich ändern! Das hat verschiedene Gründe.

BAYER, einer der größten Chemiekonzerne der Welt, wird nach dem Aufkauf des US-Konzernes Schiff Nutrition International, Hersteller von Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln, für 1,2 Mrd. US $ wohl weiter über Jahre hinaus trotz großer Gewinne seine Gewerbesteuerzahlungen ganz legal auf Sparflamme halten können. Nicht nur, aber auch im Hinblick auf die Einkommensteueranteile der Stadt ist es nicht hinnehmbar, wenn BAYER immer mehr Leiharbeiter einstellt und immer mehr Jugendliche nur in Wuppertal übernimmt.

Die RAG, einst der heimliche Herrscher über Bergkamen, darf ihren Anteil an den horrenden Kosten für Kanalsanierungen, die Jahr für Jahr anfallen, herunter rechnen, weil nur eine Abschreibungsdauer von 60 Jahren veranschlagt werden darf, obwohl Abwasserkanäle ohne die negativen Einflüsse des Bergbaus hundert Jahre halten würden.
Auch der Bund bürdet der Stadt Kosten auf, die sie nicht zu verantworten hat.

Mit den sogenannten  Hartz-Gesetzen, insbesondere mit Hartz IV, explodierten die Sozialausgaben der Stadt. Die gesamten Transferleistungen belaufen sich bereits auf über 30 Mio. €. Die Arbeitslosigkeit hat Hartz IV nicht gemildert, im Gegenteil. Wer einmal in die Hartz IV-Falle geraten ist, hat kaum Chancen, wieder heraus zu kommen. Jobs zu Niedrigstlöhnen wurde der Weg bereitet und die Menschen in Armut gestürzt, die ihre Arbeit verloren. Deshalb setzen wir uns nach wie vor dafür ein: Hartz IV muss weg! Aber solange es Hartz IV gibt, soll der Bund die Suppe, die er uns eingebrockt hat, gefälligst selbst auslöffeln und die Folgekosten tragen!

Auch Ausgaben für Flüchtlinge, mit deren Anstieg aktuell gerechnet wird, belasten den Haushalt. Sie sind zweifellos sinnvoll und notwendig. Schließlich fliehen die Menschen ja nicht zum Vergnügen aus ihrer Heimat, sondern sie fliehen vor dem Hunger, den Kriegen, der Umweltzerstörung, die sie in ihrer Heimat bedrohen, als Ergebnis der Ausplünderung ihrer Länder durch die internationalen Großkonzerne mit staatlicher Begleitung. Dagegen gilt es anzugehen. Aber gleichzeitig müssen wir uns energisch dafür einsetzen, dass die Kosten vom Bund steuerfinanziert und nicht den Kommunen aufs Auge gedrückt werden.

Im Ergebnis steigen die Kassenkredite ins Uferlose. Die Zinszahlungen – ohne die der städtischen Eigenbetriebe – liegen in 2013 bereits bei knapp 4 Mio. Sollten die derzeit sehr niedrigen Zinssätze auch nur um 1% steigen, stiege nach Aussage der Verwaltung die Zinsbelastung um über 1, 2. Mio. €.

All das kann durch das Haushaltssicherungskonzept nicht gelöst werden.

Im Gegenteil, es zementiert diese unhaltbaren Zustände und wälzt immer mehr der untragbaren Lasten auf die Bevölkerung ab. Dabei hat die ja ohnehin schon für so ziemlich alles, was an Daseinsvorsorge noch übrig ist, kostendeckend Gebühren zu entrichten.
Eine immer weitere Belastung der Bevölkerung wurde und wird deshalb vom Wahlbündnis BergAUF niemals  mitgetragen. Bereits jetzt stammen  über zwei Drittel der gesamten Steuereinnahmen der Stadt aus Massensteuern, Tendenz steigend.
Wir haben deshalb den Antrag gestellt, die Grundsteuer, die die Bevölkerung belastet, 2014 und in den Folgejahren nicht zu erhöhen.
Die Gewerbesteuereinnahmen sinken trotz steigender Unternehmensgewinne. Was liegt also näher, als auch diesbezüglich unserem Antrag zu folgen und die Gewerbesteuer schrittweise zu erhöhen, auf einen Hebesatz von 480 v.H. bzw. 490 v.H. in den beiden nächsten Jahren.
Kleinere Gewerbebetriebe, wie z.B. kleinere Handwerker oder Personengesellschaften belastet dies in der Regel nicht stärker, da sie die Gewerbesteuer mit der Einkommensteuer verrechnen können.

Dies würde die Belastung der Bevölkerung wenigstens geringfügig mildern, auch wenn es an der Gesamtrichtung freilich nichts ändert: Das Eigenkapital der Stadt wird bis Ende dieses Jahres auf 42 % des Standes der Eröffnungsbilanz Anfang 2007 zusammen geschrumpft sein. Bis 2017 wird bei wohlwollender Berechnung nur noch knapp ein Drittel übrig sein. Die Stadt steuert also sehenden Auges in die Pleite. Schon heute ist die Gesamtverschuldung der Stadt mit 163 Mio. € in höher als der Gesamtbetrag der Aufwendungen im gesamten Haushaltsjahr.
Die Zinsen muss die Bevölkerung aufbringen – die Sparkasse freut sich darüber!
Dieses Wirtschaften auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger und nachfolgender Generationen wird von uns auch in Zukunft nicht mitgetragen!

Die Bertelsmann-Stiftung zieht in ihrer Studie zu den Kommunalfinanzen vom August 2013 ein Fazit aus dieser ganzen Entwicklung:
Zitat:
„Aus der Spirale sinkender Handlungsfähigkeit und wachsender sozialer Probleme führt nur ein gemeinsamer Kraftakt von Bund, Ländern, Kommunen und Bürgern“
Auf den Bund und Land haben wir dabei eher wenig Hoffnung. Wir setzen mehr darauf, dass sich aus der Bevölkerung und in den Kommunen der Widerstand gegen die ganze sogenannte „Sparpolitik“ entwickelt, dass sich die Erkenntnis verbreitet, dass genügend Geld da ist, nur an der falschen Stelle, zum Beispiel nicht in den Kommunen, wo das konkrete Leben der Menschen organisiert wird.

Außerdem sollten wir als Kommune nach oben mehr Druck machen!
Deshalb haben wir den Antrag gestellt, der Bürgermeister und die Verwaltung sollten sich in den Gremien der kommunalen Spitzenverbände und gegenüber der Landes- und Bundesregierung für einen Zins- und Schuldenerlass/Schuldenschnitt für die Kommunen einzusetzen und entsprechende Verhandlungen einfordern.
Wir hoffen, das ist auch in Ihrem Sinn!

Was uns noch sehr am Herzen liegt sind die Themen Jugend und Umwelt.

Beginnen wir mit der Jugend.
Wir wiederholen hier unsere Forderung, die Mittel für Jugendeinrichtungen zu erhöhen, und zwar um insgesamt 80.000 €.
Seit langem besteht bei der Bergkamener Jugend der Wunsch nach Einrichtung eines Jugendtreffs, in dem die Jugendlichen sich ohne Konsumpflicht  und außerhalb irgendwelcher Veranstaltungen zwanglos und in Ruhe treffen können.
Die beantragten Mittel sind dafür zu verwenden, geeignete –  möglichst vorhandene städtische – Räume bereitzustellen und zu unterhalten, sowie eine zusätzliche Sozialarbeiter/Innen-Stelle einzurichten, um die Jugendlichen zu begleiten und zu beraten. Das erleichtert den Kindern und Jugendlichen die Bewältigung ihrer Alltagsaufgaben und ist allemal sinnvoller, als später Millionen für die Kinder und Jugendlichen auszugeben, die den Alltag in Familie und Schule nicht mehr bewältigen.

Finanziert werden kann dies durch Minderausgaben bei den Spielflächen. Dort ist ein Posten von 400.000 € für ‚Aufwendungen aus internen Leistungsbeziehungen‘ ausgewiesen. Die Verwaltung schreibt zu diesem jährlich wiederkehrenden Ansatz: „(Dahinter) verbergen sich die Personalkosten und die Maschinenkosten, die der Baubetriebshof in diesem Zusammenhang  – also für städtische Spielflächen) aufbringt. Nicht in der Summe enthalten sind die Kosten für die Verbrauchsmaterialien (Sand, Steine, Kunststoffpalisaden, etc.) und die Kosten für die Anschaffung neuer Spielgeräte.“

Wir haben nachgerechnet: Unter Annahme von 60 € pro Stunde an Maschinen- und Personalkosten ergäben sich daraus jährlich 6.666 Stunden Leistung des Baubetriebshofes, 128 Stunden pro Woche. Mehr als drei Mitarbeiter des Baubetriebshofes wären also das ganze Jahr über ausschließlich mit der Einrichtung, Pflege und Instandhaltung der Spielflächen beschäftigt. Das erscheint völlig unrealistisch! Was ist denn das für eine Luftbuchung zugunsten des Baubetriebshofes!? Und wem nützt sie?
Zum Vergleich: Eine schwäbische Kleinstadt, etwa halb so groß wie Bergkamen, benötigt für die Pflege aller städtischen Anlagen, Grünflächen, Hecken, Bäume und Parks, nebst 20 Brunnen und 352 Parkbänken sowie aller Sport- und Spielplätze 490.000 € Baubetriebshof-Leistungen. Darin sind alle Personal- und Maschinenkosten mit weniger als 50 €/Stunde enthalten. Bilden Sie sich bitte selbst ihr Urteil!

Selbstverständlich soll die Pflege der Spielplätze weiter auf hohem Niveau stattfinden, und alle notwendigen Mittel bereitgestellt werden. Aber dafür müssten 200.000 € ausreichen. 200.000 € würden damit frei und könnten für andere Zwecke im Kinder- und Jugendbereich bereitgestellt werden.

Bei den „Maßnahmen allgemeiner Umweltschutz“  halten wir den Ansatz mit 1.500 € für regelrecht skandalös. Angesichts einer Situation, in dem die Einheit von Mensch und Natur immer mehr gefährdet ist und aktiver Umweltschutz eine der dringendsten Aufgaben wird, müsste das eigentlich ja auch die Grünen stören. Eigentlich! Aber offenbar haben sie sich – auch in Bergkamen – längst zugunsten der „Regierungsfähigkeit“ vom Status einer Umweltpartei  verabschiedet, wie es landesweit die Wegbereitung für das Eon-Kohlekraftwerk Datteln IV zeigt. Wir sind der Ansicht: Das allermindeste, was man tun sollte, ist, wenigstens die tagtägliche Belastung der Bevölkerung durch das Quecksilber der Müllverbrennungsanlagen, die Stäube aus den Kohlekraftwerken, Chemie-Werken und andere Industrieanlagen zu erfassen.
Die Feinstaubbelastung ist in den letzten Jahren weiter drastisch gestiegen, mit allen negativen Auswirkungen z. B. Steigerung der Krebsrate, Zunahme von Herzinfarkten, Atemwegserkrankungen, Allergien usw.
Deshalb wurden in vielen Städten weitere Feinstaubmessanlagen aufgestellt und in Betrieb genommen.  Nur in Bergkamen nicht.
Die beantragten Mittel in Höhe von 50.000 €, die nach Angabe des LANUV berechnet wurden, sollen konkret dafür verwendet werden, auch in Bergkamen eine Feinstaubmessanlage zu installieren und dauerhaft zu betreiben.
Es ist nicht nur uns überhaupt unbegreiflich, warum dies von den anderen Fraktionen bisher abgelehnt wurde und wer damit in Schutz genommen werden soll?

Eine weitere Gefährdung unserer Lebensgrundlagen hier in der Region könnte aus dem in den hiesigen Bergwerken eingelagerten Giftmüll erwachsen. Wie die Bezirksregierung Arnsberg als Bergbehörde mitteilt, wurden auf den Schächten Grillo IV und Grimberg 2/3 des Bergwerks Haus Aden/Monopol rund 1 6 0 . 0 0 0  t hochgiftigen Sondermülls verbracht. Und zwar nicht nur dioxin- und furanhaltige Stäube, die angeblich zur Verfestigung der Hohlräume dienen sollten, sondern auch Gießerei-Altsande und andere Giftstoffe aus Chemiefabriken und Kraftwerken in ganz Deutschland, die diesen Effekt der Verfestigung mit Sicherheit nicht hatten.
Das wurde damals von der Bezirksregierung genehmigt und auf sanften Druck der SPD-Spitze im Rat abgesegnet.

Wenn nun die RAG ihre Grubenwasserhaltung ändern und das Wasser auf 500 – 600 m u. NN. ansteigen lassen will, so ergibt sich daraus eine erhebliche Gefährdung von Grund- und Trinkwasser und damit der Bevölkerung insgesamt.
Der Aufschrei über eine mögliche Gefährdung der Wasserstadt Aden hilft uns da nicht weiter. Denn eine Realisierung dieses Projekts, das im Übrigen unserer Meinung vor allem die RAG zu finanzieren hat, das anschließend aufgrund umweltschädlicher Beeinträchtigungen wieder rückgebaut werden müsste, wäre ein weit größerer Schaden als die rechtzeitige gründliche und unabhängige Prüfung der Tatsachen.
Aber offenbar ist der Verwaltung nicht viel daran gelegen, denn bis heute warten die Fraktionen auf den vom Bürgermeister zugesagten Resolutionsentwurf zu diesem Thema.

Dennoch: Um hier – auch im Sinne der Wasserstadt – neutrale Untersuchungen anzustellen, haben wir beantragt im Haushalt für 2014 zunächst 100. 000 Euro einzustellen, deren Refinanzierung auf Kosten der Verursacher der Giftmülleinlagerungen später anzustreben ist. Die Mittel sollen für unabhängige Gutachten und Grundwasserbeprobungen eingesetzt werden.

Kommen wir zum Stellenplan.

Einen Löwenanteil im gesamten Haushaltsentwurf stellen die Personalausgaben dar, bei denen nur eine Steigerung von rund 2% bis 2015 eingeplant ist.
Diese geringe Steigerung ist der Tatsache geschuldet, dass weitere Stellen abgebaut werden sollen. Nun gehen wir davon aus, dass die Beschäftigten im Rathaus alltäglich ihre Arbeit pflichtbewusst nachgehen und wir von BergAUF begrüßen jede Tariferhöhung für die Mehrzahl der Beschäftigten ausdrücklich. Wir lehnen es auch ab, gerade bei den Stellen der niedrigen und mittleren Gehaltsgruppen weitere Streichungen vorzunehmen, was nur bedeuten würde, die Arbeit weiter zu verdichten und die Belastung zu steigern. Seit 2002 ist die Quote von besetzten Stellen je 1.000 Einwohner bereits um 4,5 % gesunken, wurde also mehr Arbeit auf weniger Schultern verteilt. Kein Wunder, dass die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst die höchste Burn-Out-Rate aufweisen! Wir halten es auch für vollkommen verfehlt, ein paar Euro weniger auszugeben und dafür keine Werksstudenten mehr einzustellen. Wo sollen den die jungen Menschen ihrer Erfahrungen sammeln und sich ausbilden lassen, wenn alle Städte so denken würden!
Gerade auch Angesichts der in der letzten Woche bekannt gewordenen besonders großen Lehrstellennot im Kreis Unna halten wir es für unverantwortlich, so wenigen jungen Leuten eine Chance zu geben, einen Beruf bei der Stadt zu erlernen. Deshalb haben wir beantragt zusätzlich je ein/e Auszubildende/r  in den Bereichen Bürokommunikation und Medien- und Informationsdienste einzustellen.
In diesen Berufen kann ggf. auch über Bedarf ausgebildet werden, da hier noch eine gewisse Nachfrage nach ausgebildeten Fachkräften besteht.

In der Linie der Verdichtung der Arbeit unterhalb der Chefetage steht auch die Einsparung von Amtsleiterstellen zugunsten der dritten Dezernenten-Stelle.
Zumal es im Grunde ja schon drei Dezernenten-Stellen gibt, wenn man davon ausgeht, dass der Bürgermeister eigentlich auch Dezernenten-Aufgaben zu übernehmen hat.
Im Übrigen ist das, was wir bei der Ausschreibung der Stellen nun erleben, eine Irreführung der Ratsmitglieder. Bei der Anhörung der Bewerber für die durch die Pensionierung von Herrn Wenske – ihm wünschen wir einen angenehmen Unruhestand bei bester Gesundheit – gingen wohl alle Fraktionen bei den Auswahlgesprächen davon aus, der Bewerber solle sein Nachfolger werden. Nun reibt man sich verwundert die Augen, wenn man erfährt, dass die schnell wieder aus dem Hut gezauberte dritte Dezernenten-Stelle fest exakt das Profil der Stelle von Herrn Wenske hat. Man kommt sich regelrecht veralbert vor.
Kurzum: Wir tragen das nicht mit und werden dem Antrag der CDU zustimmen, der die dritte Dezernenten-Stelle zugunsten von mehr Stellen auf der „arbeitenden Ebene“ ablehnt.
Da der ganze Stellenplan darauf aus ist, Leistung zu verdichten und Mitarbeiter mehr zu belasten, findet er nicht unsere Zustimmung.
Wir sind uns sicher, dass auch dieser Haushaltsentwurf bezüglich seiner Ziele – bei aller dankenswerten akribischen Arbeit der Kämmerei – nur ein Traum bleiben wird. Weil wir es nicht verantworten können und wollen, zu Lasten der Bevölkerung und nachfolgender Generationen zu wirtschaften, lehnen wir den Haushaltsplan samt Haushaltssicherungskonzept ab.
Bedanken möchten wir uns am Ende beim Kämmerer, Herrn Mecklenbrauck, und bei seinen Mitarbeitern für die jederzeit kompetente und kollegiale Unterstützung bei der Durchdringung ihres komplizieren Zahlenwerks, das zu erstellen wohl Jahr für Jahr schwieriger wird.
Aber auch Dank an Herrn Mecklenbrauck persönlich für seinen Fingerzeig beim Betriebsausschuss in Richtung Alternativen zu der Schuldenwirtschaft:
Vielleicht sollte man ernsthaft darüber nachdenken, ähnlich wie ein gut geführter Privathaushalt, nicht mehr auszugeben, als man einnimmt und das Geld dort zu holen, wo was zu holen ist.
Aber das wird sicher erst möglich sein, wenn sich die Kommunen die Chance für einen wirklichen Neuanfang erkämpft haben. Geschenkt werden wird uns das nicht!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Kommentare sind geschlossen.