Zur Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements und dem Abschied von der kameralistischen Buchführung in den Kommunen, nahm Werner Engelhardt für die Fraktion BergAUF Stellung:
Glaubt man Johann Wolfgang Goethe, so ist die Bilanzbuchhaltung, “eine der schönsten Erfindungen des menschliche Geistes. … Ein jeder gute Haushalter sollte sie in seiner Wirtschaft einführen. Sie lässt uns jederzeit das Ganze überschauen, ohne daß wir es nötig hätten, uns durch das Einzelne verwirren zu lassen.“ Mit diesen Worten lässt der Dichter bereits 1795 seine Romanfigur ‚Wilhelm Meister“ die doppelte Buchführung preisen.
Beginnend ab 2006 wurde die Doppik in den Städten und Gemeinden eingeführt. Das war ein interessanter Zeitpunkt. Denn rechtzeitig vorher wurde den international agierenden Großkonzernen durch die Schröder-Fischer-Regierung ermöglicht, ihre Steuerzahlungen gegen Null zu fahren. 1987 wird in NRW – angeblich als „Konsolidierungsinstrument“ – das Prinzip des HSK eingeführt und später von mehreren Bundesländern übernommen. Die Tatsache, dass inzwischen knapp 50 % aller NRW-Kommunen ein HSK oder – in wachsender Zahl – sogar schon einen Nothaushalt haben, zeigt, dass dadurch rein gar nichts konsolidiert wurde – außer den Profiten des Finanzkapitals.
Nach Einführung des Haushaltssicherungskonzepts folgte dann die Einführung des NKF. Es ist also offenbar alles von langer Hand geplant und integrativer Bestandteil des Angriffs zur Ausplünderung der breiten Massen.
Die entscheidende Kritik am früheren System der Kameralistik ist, dass es weder das kommunale Vermögen als Ganzes – wie Goethe dies für sinnvoll fand – betrachtet, geschweige denn den Verzehr, den Verbrauch dieses Vermögens über die Abschreibung verfolgt.
Mit der Umstellung auf das Neue Kommunale Finanzmanagement werden nun Städte und Gemeinden in finanztechnischer Hinsicht ähnlich wie ein Konzern geführt, erstellen eine Jahresbilanz und betrachten alles unter dem Aspekt der Rentabilität. Wenn man davon ausgehen könnte, dass mit geschaffenen Werten und vorhandenen Mitteln im Sinne der Bevölkerung sparsam umgegangen würde, wäre das sicher sinnvoll.
Denn wenn das gesamte Vermögen der Städte und Gemeinden in Euro und Cent bewertet ist, weiß man, was aus Steuergeldern, Beiträgen und Gebühren geschaffen wurde, in Bergkamen angeblich ein Wert von rund 424 Mio. € hat. Dann könnte über die Abschreibung dafür gesorgt werden, dass diese Vermögenswerte für unsere Nachfahren erhalten bleiben. Heute aber ist dies lediglich eine theoretische Möglichkeit.
Denn ist hier erstmal der Wert der Güter bekannt, lässt die Frage nach dem Preis und die Begehrlichkeiten nicht lange auf sich warten. Ständig stehen deshalb irgendwelche Investoren auf der Matte, die zum Beispiel das städtische Kanalnetz übernehmen wollen. Der Grund: Zahlreiche Konzerne und Banken haben durch Produktion und /oder Spekulation riesige Geldmengen angehäuft, für die sie gewinnbringende Anlagemöglichkeiten suchen. Und was ist sicherer als der Zugriff auf die lebensnotwendige Daseinsvorsorge der Bevölkerung, wie z.B. Wasser- und Energieversorgung oder Abwasser.
Ich möchte als warnendes Beispiel die Wasserversorgung in der philippinischen Hauptstadt Manila anführen. Aufgrund der Finanznot der Millionenmetropole wurde die Wasserversorgung an zwei so genannte „Global Players“, an den französischen Konzern Suez/Ondeo und ein internationales Konsortium mit Mitsubishi an der Spitze verkauft. Diese versprachen eine Optimierung der Wasserversorgung.
Tatsächlich wurde das Wasser für die Massen unerschwinglich teuer, Leitungen wurden aus purer Not angezapft, das Wasser wurde verkeimt, die Kindersterblichkeit stieg drastisch an!
Als Lehre daraus ist eine entscheidende Kritik am neuen sein muss, dass es die Grundlagen für Privatisierungen kommunaler Dienstleistungen erweitert.
Denn es dürfte ja wohl keinen Zweifel daran geben, dass private Investoren nicht aus Menschenfreundlichkeit nach dem Kanalnetz fragen, sondern um damit Höchstgewinne zu erwirtschaften.
Wenn aber die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen vollends dem Gewinnstreben der Konzerne und Banken untergeordnet wird, wird die Kommune damit zu deren bloßen Erfüllungsgehilfen, die grundgesetzlich verbreifte „kommunale Selbstverwaltung“ vollends zur Farce. Überall dort, wo notwendige kommunale Leistungen als „Dienst am Bürger“ erbracht werden, wird dies durch die Einordnung in Produktgruppen und Produkte unter das Licht der Rentabilität gestellt. Warum aber soll zum Beispiel ein Friedhof „rentabel“ sein? Warum soll ein Badebetrieb Gewinne abwerfen müssen? Warum soll ein Kindergarten „kostendeckend“ sein? Wofür zahlt man schließlich seine Steuern und Abgaben?
Es muss entschieden bekämpft werden, dass alles, was nicht rentabel ist, dem Rotstift zum Opfer fällt oder über kurz oder lang privatisiert wird, um die Kommune auf Kosten der Bevölkerung zu entlasten?Wir warnen schon heute davor: Auf der Grundlage des NKF wird der Ausverkauf der Kommunen vorangetrieben!