BergAUF für echte Willkommenskultur auch in Bergkamen – Fluchtursachen bekämpfen!

Ja zu einer echten Willkommenskultur auch in Bergkamen!!
Nein zum Massenlager für Flüchtlinge in einer Zeltstadt auf dem Freibad-Parkplatz oder auf der kontaminierten Zechenbrache in Bergkamen!

Redebeitrag von BergAUF zur Sondersitzung „Aufnahme von Flüchtlingen“ des Rates am 19.08.2015

Rund jeder Fünfte in Deutschland lebende Mensch hat einen Migrationshintergrund – im letzten Jahr waren dies 16,4 Mio. Menschen. Eine Umfrage hier unter den Ratsmitgliedern würde wohl ein ähnliches Bild ergeben. Ich selbst weiß aus Erzählungen der Eltern und Großeltern in der Kindheit, wie froh sie nach 1945 waren, dass ihnen als Flüchtlinge ein Landwirt eine, wenn auch bescheidene Unterkunft und Arbeit gab.

Weltweit sind heute laut UN-Flüchtlingshilfe 59,5 Mio. Menschen auf der Flucht, ein Höchststand in der bisherigen Geschichte. Die Hälfte davon sind Kinder!
Die 6 größten Aufnahmeländer sind Türkei – 1,59 Millionen, Pakistan – 1,51 Millionen, Libanon – 1,15 Millionen, Iran – 982.400, Äthiopien – 659.500 und Jordanien –  654.100. (1)

In den 44 Industrienationen stiegen die Asylanträge stark an. Nach Deutschland werden voraussichtlich in diesem Jahr mehr Flüchtlinge kommen als 1992, dem bisherigen Höchststand, als 440.000 Asylanträge gestellt wurde.

Sehr erfreulich ist, dass sich in der bundesdeutschen Bevölkerung eine neuartige Willkommenskultur gegenüber den Flüchtlingen entwickelt. Bei der großen Koalition in Berlin scheint sich dies noch nicht durchgesetzt zu haben. Dazu nur wenige Stichworte:

– obwohl wenigstens seit 2013 klar ist, dass die Flüchtlingszahlen stark ansteigen, wurde kaum etwas getan, um darauf vorbereitet zu sein. Auch die Verwaltung hat nicht perspektivisch gehandelt, wenn intakte Schulen wie die Heideschule nach ihrer Schließung inzwischen völlig herunter gekommen und nicht mehr nutzbar sind, wie wir uns selbst überzeugen konnten. Selbstkritisch müssen wir sagen, dass auch BergAUF bei Beschlüssen zu verschiedenen städtischen Immobilien nicht frühzeitig im Blick hatte, dass die Flüchtlingsströme ansteigen werden und wir darauf vorbereitet sein müssen.

– auch nach den Zusagen der Bundesregierung, die Mittel an die Kommunen aufzustocken, wird die finanzielle Hauptlast nach wie vor den Ländern und auch den Gemeinden aufgebürdet, zu deren „Pflichtaufgabe“ die Flüchtlingsunterbringung erklärt wird.

– anstatt den Menschen die Integration zu erleichtern, will ihnen der Innenminister die spärlichen Mittel noch weiter kürzen und möglichst viele möglichst schnell wieder dorthin zurückschicken, woher sie geflohen sind.
Dabei dürfte doch wohl klar sein, dass kaum jemand seine Heimat aus freien Stücken ohne Not verlässt.

BergAUF ist deshalb unbedingt dafür, die Willkommenskultur auch in Bergkamen weiter zu stärken, Flüchtlinge aufzunehmen, ihnen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen und sie möglichst in unserer Mitte zu integrieren.

Mit diesem Maßstab beurteilen wir die Vorlage der Verwaltung und die Entscheidung des Rates.

Erstens: Sofern dies nicht unabwendbar ist, sollten Massenunterkünfte vermieden werden, weil sie an sich die Tendenz zur Ghettobildung mit sich bringen. Und wenn schon Massenunterkünfte, dann sollten sie menschenwürdiges und selbstständiges Leben und Wohnen erlauben. So gibt es z.B. in einigen Städten leer gezogene Kasernengebäude, die zu durchaus ansprechenden Wohnquartieren umgewandelt wurden. Ebenso wie die Flüchtlingshilfe-Organisation Pro Asyl lehnen wir Zeltstädte ab. Auch Experten wie der Dresdner Mediziner Veit Roessner warnen davor:

„Unter diesen Bedingungen treffen ganz unterschiedliche Wünsche, Regeln und Tagesordnungen zusammen. Der eine will schlafen, der andere ist laut. Die Betroffenen sind enormen Stressfaktoren ausgesetzt. Je länger der Aufenthalt dauert, desto schlimmer wird es.“
(DNN-Online, 03.08.2015, 18:14 Uhr)

Er dürfte angesichts den Konflikten in der Dresdner Zeltstadt mit über 1000 Bewohnern wissen, wovon er spricht.
Der Parkplatz am Wellenbad ist unserer Meinung ohnehin kaum geeignet, auch ein Containerdorf wäre dort kaum unterzubringen.

Gebäude und Freigelände der RAG auf Grimberg haben wir uns angeschaut. Wir finden es eine Zumutung, diese alten Fabrik-Kaschemmen und den belasteten Boden drumherum als Flüchtlingsquartier zu empfehlen, auch wenn sich die RAG sicher darüber freuen würde.

Gegen beide Standorte spricht die relativ isolierte Lage, wodurch die die Flüchtlinge schnell zum Hassobjekt faschistischer Banden werden könnten. Das könnte wohl auch ein Sicherheitsdienst nicht verhindern.

Kurzum: Das vorgeschlagene Konzept für eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Bergkamen lehnen wir nach eingehender Beratung ab.

Mit der Begründung bekleckert sich die Verwaltung auch nicht gerade mit Flüchtlings-freundlichem Ruhm. Kurz gesagt lautet sie:
Holen wir eine Landesstelle hierher, damit Bergkamen keine weiteren Flüchtlinge zugewiesen bekommt, für die die Stadt Geld ausgeben müsste, das sie nicht hat.
Das ist nach Meinung von BergAUF kleinmütig, kurzsichtig und lässt den Geist der Willkommenskultur ziemlich vermissen.
Es weicht der Herausforderung aus, Menschen aus fremden Ländern hier eine neue Heimat zu bieten. Anstatt auch eine größere Zahl von Flüchtlingen in Bergkamen willkommen zu heißen, will man lieber nicht mehr als bisher.

Kurzsichtig deshalb, weil die Bevölkerung Bergkamens immerhin rasch schrumpft und überaltert und auch von daher eine „Auffrischung“ gebrauchen könnte!
Und das Geld, ja, da müssen wir eben den Druck auf die Bundesregierung enorm verstärken, damit die Unterbringung der Flüchtlinge, an deren Flucht Deutschland als drittgrößter Waffenexporteur ja nicht ganz unschuldig ist, aus den beim Bund reichlich vorhandenen Steuermitteln finanziert werden.

(1) alle Zahlen aus: https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/fluechtlinge/zahlen-fakten.html, 16.08.2015

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